Mehr Vertrauen in Demokratie – aber wie? | 01 Zukunft gerecht
Shownotes
Kaum noch bezahlbarer Wohnraum, geringe Renten, zu niedrige Steuern für Vermögende – der Staat sollte nachbessern. Dafür sprach sich die Mehrheit der Befragten in der Studie "Vertrauen in Demokratie" aus. Was die Unzufriedenheit der Bürger_innen mit dem Vertrauen in das Funktionieren der Demokratie zu tun hat, das erfahrt Ihr in unserer ersten Podcast-Folge.
Mit: Lena Abstiens, Prof. Dr. Frank Decker, Moderation: Claudia Knoppke
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00:00:00: Hallo zum Podcast "Zukunft gerecht" der Friedrich Ebert Stiftung.
00:00:08: Ich bin Claudia Knoppe und ich nehme Sie mit auf eine spannende Reise durch die Welt
00:00:12: der Fragen, Antworten und Vorschläge zu vielen Themen bereichen unserer Zukunft.
00:00:17: Es wird viel gebaut, wie man sieht, ob das dann alles den Leuten zugutekommt, die darauf
00:00:22: angewiesen sind.
00:00:23: Ist ein anderes Thema.
00:00:24: Ja, also der Wohnungsmarkt insgesamt ist natürlich katastrophal.
00:00:27: Wir können uns nur durch eine WG die Wohnsituation leisten, der wir sind.
00:00:30: Meine Tochter sucht jetzt gerade eine Wohnung und da sehe ich, dass es tatsächlich schon
00:00:34: schwerer geworden ist, heutzutage die passende Wohnung für einen Single zu finden, der erst
00:00:41: am Anfang seines Berufslehens steht und auch nicht die großen finanziellen Möglichkeiten
00:00:44: hat.
00:00:45: Und damit sind wir mittendrin in dem Thema bei uns in Deutschland.
00:00:49: Denn eine passende bezahlbare Wohnung zu finden ist, scheint es, Glückssache.
00:00:53: Ich habe Glück gehabt, ich durfte eine alte Wohnung von meiner Kusine übernehmen, aber
00:00:56: sonst könnte ich wahrscheinlich auch nicht mehr im bayerischen Wohnen.
00:00:59: Doch was ist, wenn man keine so passende Kusine hat?
00:01:03: Die Menschen in Deutschland meinen, da muss die Politik was tun.
00:01:06: Fast alle meinen das.
00:01:07: Das hat die Studie "Vertrauen in Demokratie" der Friedrich-Ebert Stiftung ganz deutlich
00:01:12: gezeigt.
00:01:13: Fast 85 Prozent der Befragten meinen, dass der Staat seine Aufgabe, bezahlbaren Wohnraum
00:01:19: zu schaffen, nicht erfüllt.
00:01:21: Wie kann das sein?
00:01:22: Wohnen ist schließlich ein Grundbedürfnis und damit auch so was wie "der Kleber für
00:01:27: gesellschaftlichen Zusammenhalt".
00:01:29: Das sagt auch Lena Abstins.
00:01:31: Jeder Mensch muss wohnen und jeder Mensch braucht einen Dach über dem Kopf.
00:01:35: Und man merkt einfach ganz schnell, dass wenn das gefährdet ist, auch relativ viel
00:01:39: drum herum gefährdet ist.
00:01:40: Deswegen kann ich schon sagen, dass Wohnen ein ziemlich wichtiges Thema für das Wohlfühlen
00:01:45: innerhalb einer Gesellschaft und damit auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist.
00:01:48: Lena Abstins ist Expertin für Wohnraum, Entwicklung und Wohnungsmarktbeobachtung in Berlin.
00:01:54: Und aus ihrer Sicht hat sich das Problem seit Ende der 90er Anfang der 2000er Jahre schon
00:02:01: angebahnt.
00:02:02: "Es gab diese Phase in der massiv, also auch unter dem Gesichtspunkt von wegen, ja, wir
00:02:06: haben das Thema erledigt, das ist gelöst, wir müssen nichts mehr machen am Wohnungsmarkt.
00:02:10: Es wurde dann ja total viel Wohnungsbestände verkauft von kommunalen Wohnungsunternehmen
00:02:13: oder auch die kompletten kommunalen Wohnungsunternehmen wurden verkauft.
00:02:16: Und die wurden verkauft, na ja, an so Akteure, die heute relativ häufig in der Presse sind,
00:02:23: negativ.
00:02:24: Außerdem sind dann neue Akteure an den Markt getreten, die eher aus der Finanzmarktbranche
00:02:29: kamen und die dann halt diese unterbewerteten, in Anführungszeichen Bestände aufgekauft
00:02:34: haben von den Kommunen.
00:02:35: Vor allen Dingen natürlich mit dem Ziel der rendierte Maximierung."
00:02:38: Was die Politik falsch gemacht hat, sollte die Politik auch wieder richten.
00:02:42: Könnten wir entgegnen?
00:02:44: Tun wir auch.
00:02:45: Aber das mit dem Richten und das möglichst schnell ist nicht ganz so einfach, sagt
00:02:50: Lena Abstins.
00:02:51: "Gerade weil Bauen und Wohnungsbewerb.
00:02:52: So was ist das geschieht nicht von heute auf morgen.
00:02:54: Das ist nicht was, wo man einfach Geld hingeben kann und dann ist es da, sondern Bauen braucht
00:02:58: Zeit.
00:02:59: Also es hat immer eine langfristige Perspektive.
00:03:00: Und dementsprechend würde ich sagen, dass verschiedene staatliche Ebenen, also Bund,
00:03:04: Länder und Kommunen eigentlich in den letzten Jahren schon das Thema wieder auf ihre Agenda
00:03:08: genommen haben, dass nur allerdings die Effekte, also der Output, der dann bei den einzelnen
00:03:12: Ankommen vielleicht noch nicht unbedingt da ist, bzw. einfach Zeit braucht, um sich zu
00:03:17: entfalten.
00:03:18: Und an manchen Stellen vielleicht auch einfach noch nicht ausreichend ist."
00:03:20: Uns reicht's aber, sagen trotzdem immer mehr Menschen in Deutschland.
00:03:24: Und das wirkt sich auf viele Bereiche aus.
00:03:27: Auch darauf, wie zufrieden wir damit sind, wie unser Staat, wie unsere Demokratie funktioniert.
00:03:32: Obwohl ich hoffe, dass es den meisten von uns grundsätzlich so geht wie der Dame, die
00:03:37: wir bei unserer Straßenumfrage getroffen haben.
00:03:40: "Ich denke, es gibt kein Gegenmodell zur Demokratie und die ist auch mit Zähnen und
00:03:44: Clown zu verteidigen, so wie wir sie haben.
00:03:46: Trotzdem verstehe ich, wenn der eine oder andere Demokratie müde geworden ist, weil
00:03:51: ich glaube, der subjektive Eindruck vieler Menschen ist, dass wir uns gerade nicht wirklich
00:03:55: weiterentwickeln."
00:03:56: Und ist das so?
00:03:57: Für die Studie Vertrauen in Demokratie sind die Menschen in Deutschland gefragt worden,
00:04:01: wie zufrieden sie mit der Regierung, dem Staat und der Politik sind.
00:04:05: Über 53 Prozent haben gesagt, dass sie wenig oder überhaupt nicht zufrieden sind damit,
00:04:11: wie die Demokratie funktioniert.
00:04:13: Das ist deutlich, würde ich sagen.
00:04:16: Frank Decker, Sie haben als Politikwissenschaftler die Studie verfasst.
00:04:20: Warum sind so viele von uns so unzufrieden?
00:04:23: "Es ist ganz wichtig, dass man hier auch genau auf die Formulierung achtet mit dem
00:04:27: Funktionieren der Demokratie.
00:04:30: Damit ist eben nicht gesagt, dass die Bürger mit der Demokratie selbst hadern.
00:04:36: Viele Bürger, die unzufrieden sind, teilen ja die demokratischen Prinzipien bzw. die
00:04:42: Messen, die Demokratie auch an bestimmten Vorstellungen.
00:04:46: Und insoweit sind das Dinge, die auch innerhalb der Demokratie durchaus reparabel werden.
00:04:53: Also das muss man schon voneinander trennen.
00:04:55: Sind die Leute demokratiefeindlich eingestellt oder geht es eben tatsächlich darum, wie die
00:05:01: Demokratie funktioniert?"
00:05:03: Und was ist Ihre Erkenntnis?
00:05:05: Hat sich da etwas verändert in Sachen Zufriedenheit?
00:05:07: "Zum einen gibt es einen Auf- und Ab in der Bewertung der Demokratie.
00:05:11: Es hängt eben auch sehr stark zusammen mit der wirtschaftlichen Situation.
00:05:17: Aber wir haben ja im Moment eigentlich gar keine so schlechte wirtschaftliche Situation.
00:05:21: Insoweit ist schon dieser Befund doch sehr erstaunlich, dass noch nicht mal mehr die
00:05:26: Hälfte eben mit der Art und Weise zufrieden sind, wie die Demokratie funktioniert.
00:05:31: Im Durchschnitt waren das in Deutschland seit der deutschen Einheit immer so 60 Prozent,
00:05:37: die zufrieden waren.
00:05:38: Jetzt ist es eben unter die 50 Prozent heruntergegangen.
00:05:41: Und da muss man natürlich schon fragen, woran liegt das?
00:05:44: Und das ist ja eben das, was wir versuchen wollten, mit dieser Studie auch herauszufinden."
00:05:48: Welche Folgen hat denn diese Unzufriedenheit?
00:05:50: "Das führt natürlich dazu, dass Menschen sich auch abwenden von der Demokratie.
00:05:56: Also die Vertrauenskrise wird dann im Grunde zu einer Repräsentationskrise.
00:06:01: Das lässt sich einerseits ablesen daran, dass die Wahlbeteiligung zurückgeht.
00:06:07: Das ist eine Entwicklung, die wir ja tatsächlich auch sehr lange feststellen konnten.
00:06:11: Wir haben jetzt eine gegenläufige Entwicklung seit 2016.
00:06:15: Da ist die Wahlbeteiligung wieder angestiegen.
00:06:18: Nicht nur bei der Bundestagswahl, sondern auch bei Landtags- und Kommunalwahlen und
00:06:22: auch bei den Europawahlen.
00:06:24: Wir sehen aber gleichzeitig, wir haben jetzt in Deutschland Parteiendestäm ein neuen Akteur,
00:06:28: die Alternative für Deutschland.
00:06:31: Und die nimmt eben sehr viel von diesen Wählern auch auf, die unzufrieden sind."
00:06:36: Gibt es dann auch eine direkte Verbindung zwischen Zufriedenheit und Zufriedenheit?
00:06:40: Und welche Partei ich mag?
00:06:42: "Da können wir sehr große Unterschiede sehen zwischen den AfD-Wählern auf der einen Seite
00:06:46: und den Wählern aller übrigen Parteien.
00:06:49: Die AfD-Wähler liegen noch am nächsten bei den Nicht-Wählern, was das Niveau des Misstraums
00:06:54: und der Unzufriedenheit angeht.
00:06:57: Und das sind ja Entwicklungen, die wir vergleichbar in vielen anderen europäischen und westlichen
00:07:03: Demokratien feststellen, dass eben Parteien, die ja zum Teil selber demokratiefeintlich
00:07:08: sind oder extremistische Positionen vertreten, dass die eben von einem wachsenden Teil der
00:07:14: Wähler unterstützt werden.
00:07:15: Und wenn diese Parteien dann auch Macht gewinnen, ja dann kann sich das Ganze zu einer veritablen
00:07:21: Demokratiekrise auswachsen."
00:07:23: Sind wir das schon?
00:07:24: Sind wir schon im Krisenmodus?
00:07:26: "Soweit sind wir in der Bundesrepublik noch nicht.
00:07:29: Aber man muss natürlich sozusagen auch die Alarmzeichen erkennen.
00:07:34: Es ist also nicht ausgeschlossen, dass wir uns auch in eine solche krisenhafte Situation
00:07:39: vielleicht auch noch stärker hineinbewegen."
00:07:41: Die Alarmglocken bimmeln sogar schon ziemlich laut.
00:07:44: Das haben wir auch bei unserer Straßenumfrage festgestellt.
00:07:47: "Naja, wenn man so Parteien starken sieht wie die AfD und so, dann finde ich das schon
00:07:53: ein bisschen besorgniserregend, ehrlich gesagt."
00:07:55: Frank Decker, sie haben ja eingangs auch die wirtschaftliche Situation als einen Grund
00:07:59: genannt.
00:08:00: Die zählt auch bei den Menschen, die wir in Sachen Vertrauen in die Demokratie gefragt
00:08:03: haben und wenn auch aus unterschiedlichen Perspektiven.
00:08:07: "Kapitalismus und Demokratie miteinander zu kommunikieren ist, glaube ich, grundsätzlich
00:08:10: einfach ein schwieriges Ding.
00:08:12: Also im Kapitalismus geht es ja nicht um den demokratischen Grundgedanken, dass wir das
00:08:18: gleiche Stimmrecht und die gleiche Meinung haben, sondern in Kapitalismus ist meiner
00:08:21: Meinung nach derjenige, der am meisten Geld hat, am meisten Vorn und hat am meisten Stimmrecht.
00:08:25: Und das hat mit Demokratie einfach nicht mehr viel zu tun."
00:08:27: "Ich bin Taxifahrerin und höre viel von Leuten so, was die so denken.
00:08:31: Und da fällt mir halt immer auf, dass so viele das Gefühl haben, dass es ihnen so schlecht
00:08:34: geht in Deutschland.
00:08:35: Und das ist, finde ich, schon ein bisschen von der Politik auch gefördert.
00:08:39: Und das ist eigentlich absurd.
00:08:41: Im Vergleich zu anderen Ländern geht es uns doch sehr gut."
00:08:44: Das sagen also die gefühlten Werte, was sagt die Wissenschaft?
00:08:47: "Kann vielleicht einen Stichwort nennen, dass ja auch in aller Munde ist eben die Frage
00:08:53: des gesellschaftlichen Zusammenhalts.
00:08:56: Wir haben ja 2000 Bürgerinnen und Bürger gefragt und eine der Fragen war, ob sie den
00:09:01: Eindruck haben, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt zurückgegangen sei.
00:09:06: Und das wird eben von einer ganz überwiegenden Mehrheit so gesehen eben auch von Menschen,
00:09:12: die sich selber eigentlich in einer guten Situation befinden, die auch mit ihrer eigenen
00:09:16: wirtschaftlichen Lage zum Beispiel zufrieden sind.
00:09:19: Und daran angeknüpft haben wir die Frage, warum das so ist.
00:09:23: Und eines der Items, das davor gegeben wurde, lautete, in unserer heutigen Gesellschaft zählt
00:09:29: Egoismus mehr als Solidarität.
00:09:33: Und dem haben über 90 Prozent der Menschen zugestimmt.
00:09:36: Also der Eindruck, dass unsere Gesellschaft auseinander trifft, in sozial, kultureller,
00:09:42: aber eben auch in ökonomischer Hinsicht, dass es einen großen Teil von Menschen gibt.
00:09:47: 40 Prozent, die eben sich nicht fair beteiligt fühlen, auch am Wohlstand an der wirtschaftlichen
00:09:55: Das kann man an diesen Befunden sehr gut ablesen.
00:09:58: Und welche Schlussfolgerung ziehen Sie jetzt daraus?
00:10:00: Also die Zufriedenheit mit dem, was sozusagen auch die Politik an Leistungen,
00:10:06: an Ergebnissen hervorbringt, ist das eine.
00:10:09: Und daraus ableitbar natürlich auch die Zufriedenheit mit den politischen Institutionen.
00:10:16: Und da haben wir dann auch nach konkreten Reformaßnahmen befragt,
00:10:21: ist es ein wenig überraschend. Die Kehrseite der Unzufriedenheit
00:10:25: mit den bestehenden repräsentativen Institutionen ist für einen großen Teil
00:10:30: der Befragten der Wunsch nach mehr direkter Demokratie.
00:10:35: Was könnte das sein? Wir bestimmen alle mit.
00:10:38: Wir haben zwei konkrete Instrumente abgefragt, eine unverbindliche Volksinitiative,
00:10:43: mit denen man bestimmte Themen dann auch auf die politische Agenda bringen könnte.
00:10:47: Also Themen, wo die Menschen glauben, die werden von Parteien vernachlässigt
00:10:51: und auch ein Veto-Recht der Bürger gegen vom Parlament beschlossene Gesetze.
00:10:58: Und wenn es nach den Menschen geht, hätte man dafür tatsächlich eine breite Unterstützung.
00:11:02: Und warum machen wir das dann nicht? Ein Veto-Recht klingt doch erst mal recht charmant.
00:11:06: Die Opposition findet im Parlament statt und wenn Sie aber jetzt
00:11:10: der Opposition die Möglichkeit geben, gewissermaßen durch die Hintertür,
00:11:14: die Gesetze, die die Regierung vorschlägt und im Parlament beschließt,
00:11:18: dann zu Fall zu bringen, dann heben Sie genau diese Rollenteilung auf.
00:11:22: Also ein solches Veto-Recht passt nicht mit der Funktionsweise
00:11:26: der parlamentarischen Regierungsform zusammen.
00:11:28: Deshalb glaube ich, das ist eigentlich nicht der richtige Ansatz,
00:11:32: sondern man sollte eher über andere Verfahren der Bürgerbeteiligung nachdenken.
00:11:37: Wird denn auch darüber nachgedacht?
00:11:39: Das hatte die Bundesregierung vor.
00:11:41: Im Koalitionsvertrag steht drinnen,
00:11:44: dass man eine Expertengruppe bitten will,
00:11:47: auch Vorschläge dafür zu erarbeiten.
00:11:50: Aber diese Kommission ist bis heute nicht eingesetzt.
00:11:54: Und das zeigt ja eigentlich, dass auch die Regierenden
00:11:58: das nicht so richtig ernst nehmen.
00:12:01: Und das halte ich durchaus für ein Problem.
00:12:03: Denken Sie jetzt zum Beispiel an all das, was auf uns zukommt im Rahmen des Klimaschutzes.
00:12:08: Da sind ja auch sehr viele Fragen, die die Infrastruktur betreffen,
00:12:12: für die man Akzeptanz beschaffen muss.
00:12:15: Und da reichen die bestehenden Verfahren
00:12:19: der parlamentarischen Verein Demokratie nicht mehr aus.
00:12:22: Und beim Thema wirtschaftliche Situation, Ungleichheit, Zusammenhalt, Umverteilung.
00:12:27: Welche konkreten Antworten haben Sie?
00:12:29: Hat die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung da bekommen?
00:12:31: Wir haben konkret zum Beispiel da natürlich auch das Stichwort
00:12:35: Umverteilung mit aufgebracht.
00:12:38: Und da war es schon doch auch erstaunlich, dass zum Beispiel
00:12:41: bei der Frage nach einer gerechten Besteuerung ist eine sehr große Mehrheit.
00:12:47: Gibt eigentlich für eine Position, die eben höhere Einkommen und höhere Vermögensstärker besteuern will.
00:12:54: Also wenn wir das noch mal nach der Anhängerschaft der Parteien aufschlüsseln,
00:12:58: hätten wir da sogar bei den Unionswählern oder bei den FDP-Wählern,
00:13:03: wenn auch knappe Mehrheiten in der Bevölkerung.
00:13:06: Also da gibt es eine breite Unterstützung.
00:13:08: Was ist mit der lange diskutierten Grundrente?
00:13:11: Ja, wir haben gefragt, ob die Bürger der Meinung sind,
00:13:15: dass bei einer solchen Grundrente nichts auf das Einkommen oder Vermögen des Partners geschaut werden sollte.
00:13:23: Und dafür gab es dann in der Tat eine sehr große Zustimmung, wobei uns überrascht hat,
00:13:31: dass eben auch im bürgerlichen Wählerspektrum, also bei den Unionsanhängern
00:13:37: und sogar bei den FDP-Wählern, es Unterstützung für diese Forderung gab.
00:13:43: Okay, die große Koalition hat anders entschieden.
00:13:46: Grundrente ja, aber eben mit einem Aber.
00:13:49: Das nennt sich jetzt Einkommensprüfung.
00:13:51: Das ist eine verschlankte Prüfung.
00:13:54: Allerdings ist es tatsächlich so, dass bei dieser Prüfung auch das jeweilige Partner-Einkommen berücksichtigt wird.
00:14:02: Also wenn hinter dieser Idee der Grundrente auch die Vorstellung gestanden haben sollte,
00:14:09: dass man auch die Unabhängigkeit der Frauen stärken will, die eben dann für sich selber sorgen
00:14:16: und auch einen eigenen Anspruch haben auf die Rente, dann hätte sich die SPD damit nicht durchgesetzt.
00:14:22: Aber so ist es halt in einer Koalition.
00:14:26: Jetzt ging es viel ums Portemonnaie.
00:14:28: Ist das der Spaltpilz für unsere Gesellschaft? Ist nur das Geld das, was über Zufriedenheit oder was über den Zusammenhalt entscheidet?
00:14:35: Ja, ein ganz wichtiges Thema im Moment ist die Wohnungssituation.
00:14:40: Das hat sich ja fast schon zu einer neuen sozialen Frage zumindest in den Großstädten entwickeln.
00:14:47: Und hier sagen die Leute eben ganz klar, das muss auch der Staat als Aufgabe begreifen.
00:14:53: Ganz klar heißt ja, dass fast alle diese fast 85 Prozent gesagt haben, dass der Staat da in der Pflicht ist.
00:15:00: Was sollte er denn konkret tun?
00:15:02: Wir haben jetzt nicht nach ganz radikalen Maßnahmen wie Enteignungen gefragt, aber zum Beispiel nach einem Vorkaufsrecht,
00:15:09: dass der Staat selber dann auch wieder Eigentümer von Wohnungen wird.
00:15:15: Wir haben ja heute Nachricht vor das Problem, auch wenn wir jetzt Sozialwohnungen bauen,
00:15:20: fallen mehr Wohnungen aus der Sozialbindung heraus als hinzukommen.
00:15:24: Also das Problem wird sich in der Tendenz in den nächsten Jahren auch weiter verschärfen.
00:15:29: Also hier müsste doch der Staat sehr viel aktiver werden.
00:15:32: Das ist nochmal ein sehr schönes Stichwort für Lena Abstiens als Expertin für Wohnraumentwicklung,
00:15:38: meint sie, vernunft ist Trumpf.
00:15:40: Wir beobachten ja gerade, dass die Debatte in der Wohnungspolitik ziemlich aufgeheizt ist.
00:15:45: Es geht um Enteignungsideen und andererseits darum, den Wohnungsmarkt möglichst frei zu gestalten,
00:15:51: also im Sinne von möglichst frei für private Akteurumrendite zu erzielen.
00:15:55: Ich glaube, das geht nur in dem das aufhört.
00:15:58: Man muss verstehen, dass es ein gemeinsames Thema ist.
00:16:01: Das Wohnen einfach was ist, was jeder Mensch braucht.
00:16:04: Also ich finde, das ist nichts, was so einer massiven Rendite unterliegen darf.
00:16:07: Und das ist was, was ein Gemeingut irgendwie sein sollte.
00:16:10: Alle müssen was tun dafür.
00:16:11: Dennis gibt schließlich viele Beispiele dafür, wie Wohnraum so entwickelt werden kann,
00:16:16: dass im Zweifel wir alle was davon haben.
00:16:18: Es gibt ja so was wie Konzeptvergaben.
00:16:20: Konzeptvergaben bedeutet, dass wenn eine Fläche der Kommune gehört, sie möchte sie verkaufen,
00:16:24: dann geht es nicht übers Höchstpreisprinzip, sondern nach dem besten Konzept zu einem festgelegten Preis.
00:16:29: Und damit hat die Kommune natürlich die Möglichkeit einerseits zu bestimmen darüber,
00:16:33: was auf der Fläche passieren wird und andererseits auch zu welchem Preis und welchen Akteur sie dort haben möchte.
00:16:39: Dann gibt es natürlich noch die Möglichkeit, über Bebauungspläne und städtebauliche Verträge,
00:16:43: sogenannte Quotenmodelle aufzusetzen.
00:16:45: Das heißt, man sagt auf einem Gebiet ist quasi noch kein Baurecht,
00:16:49: muss neues Baurecht geschaffen werden oder neues Planungsrecht geschaffen werden.
00:16:53: Und man sagt sie, ich mache das aber nur, wenn derjenige oder diejenige,
00:16:56: den danach darauf baut, 30 Prozent sozial geförderten Wohnungsbau errichtet darauf.
00:17:01: Die Pots damals sind relativ stark da drin tatsächlich, das zu tun.
00:17:03: Die haben sich auch noch mehr ausgedacht.
00:17:05: Modell der flexible Bindung, also flexible Bindungen sind so, dass die Bindung gar nicht an einer Wohnung hängt,
00:17:10: sondern dass du eine Art Kontingent hast.
00:17:12: Also, dass man quasi als Kommune ein Kontingent bei einem Unternehmen hat, an gebundenen Wohnungen.
00:17:18: Und dass dann, wenn zum Beispiel eine Familie in eine gebunden Wohnung einzieht,
00:17:22: WBS berechtigt, also mit Umerechtigungsschein da einzieht
00:17:26: und dann irgendwann in die glückliche Situation kommt, dass irgendwie mehr Geld im Haushalt vorhanden ist,
00:17:31: da müssen die nicht ausziehen, sondern werden schrittweise an die normale Miete angeführt
00:17:36: und dementsprechend wird eine andere gebundene Wohnung entstehen.
00:17:39: Und als ob das nicht schon alles kompliziert genug wäre, spielt dann auch noch der Glaskugelfaktor eine große Rolle.
00:17:46: Denn leider unterliegen auch unser aller Wohnpräferenzen Strömungen und Moden.
00:17:51: Oder aber auch, wir brauchen viele Lösungen für das eine Problem Wohnen.
00:17:55: Wohnungen sind ja sehr immobil, deswegen heißt sie auch Immobilien.
00:17:59: Und wenn wir jetzt in den Städten bauen und die Leute dann alle wieder aus Land ziehen,
00:18:02: das ist auch schon mal passiert, dann haben wir massive Nährstoffe in den Städten.
00:18:05: Das heißt, wir müssen das alles nachhaltig, langfristig und auch klimasensibel eigentlich planen.
00:18:09: Außerdem haben wir auf dem Land das Problem, dass Leute älter werden,
00:18:13: dass es immer weniger Menschen in ländlichen Regionen leben
00:18:16: und dementsprechend da es relativ großen Nährstoff geben wird, wahrscheinlich perspektivisch.
00:18:20: Und das klassische Ein-Familienhaus oder die Doppelhaushälfte hat einfach zu viele Stufen am Ende.
00:18:25: Und deswegen sind da eigentlich auch barrierereduzierte Angebote für ältere Menschen,
00:18:30: kompakte Wohnungen oder Wohngemeinschaften gefragt, die es da momentan noch nicht gibt.
00:18:33: Also wir haben sehr unterschiedlich gelagerte Probleme.
00:18:35: Dass so wichtige und auch schwierige Thema Wohnen wird uns wohl alle noch eine Weile begleiten.
00:18:41: Frank Decker, ich fasse zum Schluss nochmal zusammen.
00:18:43: Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland ist mit dem Funktionieren unserer Demokratie wenig oder gar nicht zufrieden.
00:18:50: Sie sagen, der Zusammenhalt in der Gesellschaft geht zunehmend verloren.
00:18:54: Die Menschen wollen, dass die Politik der Staat dafür sorgt, dass sie ein bezahlbares Dach über dem Kopf haben.
00:18:59: Sie wollen eine gerechte Umverteilung in Sachen Steuern und auch bei der Rente.
00:19:04: Sie wollen mehr direkte Mitsprachemöglichkeiten bei politischen Entscheidungen.
00:19:09: Welchen Schluss ziehen Sie jetzt aus den Ergebnissen der Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung Vertrauen in Demokratie?
00:19:16: Stichwort Polarisierung eben dafür zu sorgen, dass diese Polarisierung auch wieder zurückgetreten wird.
00:19:23: Und dazu braucht es eben eine Politik, die eben auch diese Herausforderung, dass die Gesellschaft auseinander geht, die das konkret angeht und dort versucht auch gegenzusteuern.
00:19:33: Wenn das nicht gelingt, also wenn das weiter auseinander driftet, dann wird auch das Potenzial für den Rechtspropolismus nicht kleiner werden.
00:19:40: Danke Frank Decker und danke fürs Reinhören in Zukunft gerecht, dem Podcast der Friedrich-Ebert-Stiftung.
00:19:47: [Musik]
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