Autokratische Tendenzen: Kein Problem für Stammwähler:innen? | 23 Zukunft gerecht
Shownotes
Wie schaffen wir es, die starke Demokratie in Deutschland zu erhalten? Die gute Nachricht: 80 % der deutschen Bevölkerung können demokratisches und undemokratisches Verhalten von Politiker:innen gut erkennen. Doch je nach Parteibindung bestrafen Wähler:innen undemokratisches Verhalten weniger stark. Unsere Expert:innen zeigen: Autokratische Tendenzen, wie wir sie schon in Polen und Ungarn gesehen haben, sind auch in Westeuropa möglich. Was wir tun können, diese zu verhindern, erörtern wird in dieser Folge.
Mit: Johanna Lutz (FES), Filip Milačić (FES), Andreas Schedler (CEU), Dominika Tronina (HU Berlin). Moderation: Kerstin Pelster
Zur Studie: Identität, Parteibindung, Polarisierung
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00:00:00: Eine unserer Haupterkenntnisse war, wenn wir angeschaut haben, welche Leute bestrafen
00:00:08: denn jetzt undemokratische Kandidatinnen mehr oder weniger, dass eine Sache in allen Ländern
00:00:14: ganz markant war und zwar, dass die Demokratie in Deutschland und in anderen europäischen
00:00:21: Ländern von rechts erodiert.
00:00:23: Das heißt, Wählerinnen und Wähler von rechtsradikal- oder rechtspopulistischen Parteien bestrafen
00:00:30: undemokratisches Verhalten bei den Politikern am wenigsten.
00:00:34: Das ist Johanna Lutz.
00:00:36: Sie leidet das Regionalbüro Demokratie der Zukunft der Friedrich-Ebert-Stiftung in Wien.
00:00:41: In der Studie Identität, Parteinbindung, Polarisierung hat sie gemeinsam mit ihrem
00:00:46: Team untersucht, wie es demokratisch gewählten Politiker*innen gelingt, ihr Land in eine
00:00:51: Autokratie zu verwandeln.
00:00:53: In dieser Folge fassen wir die wichtigsten Ergebnisse der Studie zusammen und ordnen
00:00:57: sie ein.
00:00:58: Und wir gehen der Frage nach, ob Deutschland widerstandsfähig genug ist, solchen Autokratisierungsbemühungen
00:01:04: standzuhalten.
00:01:05: Und damit herzlich willkommen zum Podcast "Zukunft gerecht" der Friedrich-Ebert-Stiftung.
00:01:10: Ich bin Kerstin Pelster und nehme Sie mit auf eine spannende Reise durch die Welt der
00:01:15: Fragen, Antworten und Vorschläge zu vielen Themenbereichen unserer Zukunft.
00:01:19: Uns hat interessiert, wie es dazu kommt, dass Politiker*innen, die in Europa Demokratie
00:01:27: abbauen und rechtsstaatliche Standards, warum die immer wieder gewählt werden, wieso das
00:01:32: passieren kann und welche Rolle die Wählerinnen und Wähler dabei spielen, dass Demokratie
00:01:37: abgebaut wird in Europa.
00:01:39: Umfragen zufolge ist die Demokratie für die meisten von uns nach wie vor die beste verfügbare
00:01:44: Regierungsform.
00:01:45: Trotzdem gelingt es demokratisch gewählten Amtsinhaber*innen in vielen Ländern die Demokratie
00:01:51: auszuhöhlen.
00:01:52: Vor diesem Hintergrund hat das FES-Regionalbüro "Demokratie der Zukunft" ein Befragungsexperiment
00:01:58: in sieben europäischen Ländern durchgeführt, darunter auch in Deutschland.
00:02:02: Wir haben in der Umfrage ein Kandidatenexperiment gehabt und in diesem Kandidatenexperiment
00:02:09: haben wir geschaut, was passiert, wenn eine Politiker*innen oder ein Politiker eine undemokratische
00:02:15: Maßnahme vorschlägt.
00:02:16: Und wir haben gesehen, dass grundsätzlich in allen Ländern ein solch undemokratischer
00:02:23: Kandidat abgestraft wird von den Wählerinnen und Wählern.
00:02:27: Das heißt, er oder sie würde stimmenverlieren in der Wahl.
00:02:31: Allerdings zeigen die Umfrageergebnisse auch, dass undemokratisches Verhalten in keinem
00:02:36: der sieben untersuchten Länder besonders stark bestraft wird.
00:02:40: Dazu noch gibt es von Land zu Land deutliche Unterschiede.
00:02:43: In Schweden beispielsweise sanktionieren die Menschen Verstöße gegen demokratische Normen
00:02:47: doppelt so stark wie in Spanien.
00:02:50: Deutschland liegt den Erhebungen zufolge mittendrin.
00:02:53: Hier verliert eine Kandidatin, einen Kandidat für demokratische Verstöße in Durchschnitt
00:02:57: 7,8% der Stimmenanteile.
00:03:00: Dabei ist in Deutschen das Recht auf freie und faire Wahlen am wichtigsten, dahinter folgen
00:03:05: bürgerliche Freiheiten und zuletzt die Gewaltenteilung.
00:03:08: Ich glaube, wir müssen solche Ergebnisse immer auch mit ein bisschen Vorsicht genießen,
00:03:12: weil oft glaube ich auch die Wählerinnen solchen Möglichkeiten zustimmen, weil sie denken,
00:03:18: das wird doch meine Partei sowieso nie machen, Journalisten unterdrücken oder Protest gewaltsam
00:03:24: irgendwie nicht zulassen oder die wirklich sozusagen unsympathischeren Dinge.
00:03:28: Und die Szenarien erscheinen dann vielleicht nicht wirklich realistisch in einem gefestigen
00:03:33: demokratischen Kontext.
00:03:34: Und insofern würde ich dann auch die Ergebnisse, wenn es heißt, nur relativ wenig Wählerinnen
00:03:38: würden ihre Parteien wirklich abstrafen, würde ich das nicht wirklich pessimistisch
00:03:44: sozusagen lesen.
00:03:45: Sagt der Politikwissenschaftler Andreas Schädler vom Demokratie-Institut der Zentraleuropäischen
00:03:50: Universität in Budapest.
00:03:52: Dennoch zeigt die Umfrage eins sehr deutlich.
00:03:55: Was die Studie halt doch findet, ist halt, dass sozusagen Wählerinnen, die eher so,
00:04:00: sagen wir mal, rechtsradikalen Parteien tendieren, die uns auch generell eher verdächtig sind
00:04:06: in ihrem demokratischen Verständnis, in ihren demokratischen Überzeugungen.
00:04:10: Dass die dann auch eher dazu tendieren, dass sie was Regelverletzungen tolerieren oder
00:04:15: dass ihnen ein inhaltlicher Politik wichtiger ist als demokratische Spielregel.
00:04:19: Das Einhalten demokratischer Standards ist den Anhänger*innen der verschiedenen Parteien
00:04:23: nicht gleich wichtig.
00:04:25: So zeigt sich zum Beispiel, dass eine Bestrafung der Grünen durch ihre Wähler*innen zu fast
00:04:30: 10 Prozent Stimmenverlust führen könnte.
00:04:32: Anders sieht es bei AfD-Wähler*innen aus.
00:04:35: Dort beläuft sich der Stimmenverlust nur auf 5 Prozent.
00:04:39: Überraschenderweise bestrafen auch Wähler*innen der CDU/CSU nur mit ca. 5 Prozent Stimmenverlust.
00:04:45: Eine Erkenntnis, die wir unbedingt im Blick behalten müssen, wenn es um die zukünftige
00:04:49: Entwicklung politischer Prozesse in Deutschland geht, sagt Philipp Milacic, der die Studie
00:04:54: mit erstellt hat.
00:04:55: Wie Sie sicherlich wissen, in der Geschichte, die radikalen Rechten konnten auf demokratische
00:05:00: Weise nur dann die Macht gewinnen, wenn sie eine Allianz mit Konservatieren gebildet haben.
00:05:06: Und auch in Deutschland ist das auch parteiäbene, heute entfernt, also immer noch.
00:05:11: Aber was uns überrascht hat, ist das Verhalten der Wähler*innen und Wähler*innen von CDU/CSU
00:05:16: in Bezug auf Demokratie.
00:05:18: Weil wir haben da gesehen, dass sie ganz, ganz ähnlich dicken wie die Wähler*innen und
00:05:22: Wähler*innen von AfD.
00:05:23: Überraschende Tendenzen offenbaren auch die Umfrageergebnisse in der Gruppe der Nicht-Wähler*innen
00:05:29: und Nicht-Wähler.
00:05:30: Zumindest, wenn wir uns die Zahlen für Deutschland ansehen.
00:05:32: Sie entpuppt sich nämlich als Gruppe mit erheblichem autoritären Potenzial.
00:05:37: Die werden oft als mutmaßliches Rettungspotenzial für Demokratie gesehen, dass wenn man die
00:05:43: nur mobilisiert, sie tatsächlich auch die Demokratie stützen.
00:05:46: Und da sehen wir deutliche Unterschiede in den Ländern.
00:05:49: Zum Beispiel in der Ukraine und in Serbien ist es tatsächlich so.
00:05:54: Also wir sehen, dass Nicht-Wähler*innen und Demokratie verhalten viel stärker sanktionieren.
00:05:59: Also gibt es eine größere Bewusstsein darüber.
00:06:02: In Deutschland im Gegen würden Nicht-Wähler*innen, wenn sie den Wählen würden, noch weniger
00:06:06: bestrafen als zum Beispiel Anhänger von der AfD.
00:06:09: Und das ist auch in anderen westeuropäischen Ländern so.
00:06:12: Fast ein Drittel aller Nicht-Wähler*innen hält eine demokratische Regierungsform für
00:06:17: sehr schlecht oder eher schlecht.
00:06:19: Und auch die Gruppe der jungen Wähler trägt nicht zur Stärkung der Demokratie bei, sagt
00:06:23: Studienersteller Philipp Milacic.
00:06:25: Wir sehen auch nicht, dass die auf ein demokratisches Potenzial haben.
00:06:30: Leider.
00:06:31: Aber wir sehen also bei diesen direkten Fragen, schätzen sie Demokratie.
00:06:36: Wir konnten da sehen, die schätzen am wenigsten Demokratie unter allen Autaskruppen.
00:06:40: Und wir sehen auch in diesem Experiment, dass sie ganz wenig undemokratisches Werteilsten
00:06:45: bestraft.
00:06:46: Was bedeutet das nun?
00:06:47: Können wir aus diesen Ergebnissen schon Rückschlüsse ziehen?
00:06:50: Sind die Menschen in Deutschland der Demokratie vielleicht doch gar nicht so wohl gesonnen?
00:06:55: Haben sie sich von der Demokratie entfernt?
00:06:57: Nein, dem ist nicht so.
00:07:00: Die Deutschen schätzen die Demokratie und sie können demokratisches Verhalten identifizieren.
00:07:05: Rund 80% der Befragten können demokratisches und undemokratisches Verhalten klar benennen
00:07:11: und auseinanderhalten.
00:07:13: Was sehr positiv ist, von unserer Meinung nach, aber auch gegen etabliertes Wissen ist,
00:07:19: ist das Verhältende Wähler*innen-Wähler*innen in Westem aus Deutschland.
00:07:23: Wir sehen da keine großen Unterschiede.
00:07:26: Wo sehen wir Unterschiede?
00:07:28: In Zufriedenheit mit Demokratie.
00:07:30: Und wie demokratisch für Deutschland regiert.
00:07:34: Da sehen wir, dass Großdeutsche viel weniger zufrieden sind, wie Demokratie in Deutschland
00:07:38: funktioniert.
00:07:39: Und die glauben auch, dass Deutschland viel mehr demokratischer regiert werden soll.
00:07:43: Obwohl sich die Mehrheit der deutschen Wähler*innen und Wähler zur Demokratie bekannt ist Deutschland
00:07:48: aber nicht immun gegen eine Demontage demokratischer Institutionen.
00:07:52: Denn die meisten Wähler*innen machen sogenannte Trade-offs.
00:07:56: Das bedeutet, dass sie bereit sind für einen bestimmten politischen Inhalt, den sie unbedingt
00:08:01: wollen, demokratische oder rechtsstaatliche Standards einzutauschen.
00:08:05: Und das haben wir auch gesehen, dass das in allen europäischen Ländern passiert.
00:08:10: Und auch eigentlich in fast allen Wählergruppen.
00:08:12: Da natürlich auch wieder unterschiedlich stark.
00:08:15: Manche Menschen ist besonders wichtig, dass gewisse Umweltpolitik gemacht wird.
00:08:20: Und auch da haben wir aber insgesamt bei den politischen Themen, für die die Menschen
00:08:26: bereit waren, demokratische Standards einzutauschen, auch einen Trend gesehen in Gesamteuropa.
00:08:31: Und zwar, dass die Menschen hauptsächlich Demokratie eintauschen für identitätspolitische
00:08:38: Themen.
00:08:39: Sozioeconomische Themen hingegen führen laut Studier viel weniger dazu, dass demokratische
00:08:43: Standards eingetauscht werden.
00:08:45: Berichtet Studienerstellerin Johanna Lutz?
00:08:47: In manchen Ländern kann man wirklich sagen, da war es den Wählerinnen und Wählern wichtiger,
00:08:52: die Demokratie zu bewahren, als mehr Geld in der Tasche zu haben.
00:08:56: Da wird zum Beispiel steuerpolitische Dinge abgefragt haben.
00:08:59: Aber das, was die Menschen immer wieder über alles gestellt haben, waren identitätspolitische
00:09:04: Themen.
00:09:05: Das waren Sachen wie Nutzung von Minderheitensprachen oder Rechte für gleichgeschlechtliche Paare.
00:09:11: Genau.
00:09:12: Welche Konsequenzen sich aus diesem Verhalten ableiten lassen und was das möglicherweise
00:09:17: für die Demokratie in Deutschland bedeutet, fasst Philipp Milacic zusammen.
00:09:21: Ja, das bedeutet nicht, dass jetzt die Mehrheit der Deutschen plötzlich auch kreatär geworden
00:09:25: sind.
00:09:26: Das bedeutet, dass sie offen für Autoritarismus sind unter bestimmten Umständen.
00:09:32: Und lassen Sie mich daran erinnern, auch in europäischen Ländern, wo Demokratie abgebaut
00:09:37: wurde, die Wählerinnen und Wähler, die haben nicht viel Autokratie gestimmt, sondern trotz
00:09:43: des ökokratischen Benehmens haben sie für solche Politikerinnen und Politiker gestimmt.
00:09:48: Weil die haben ihr Autoritarismus irgendwie erklärt.
00:09:51: Zum Beispiel viele von denen haben gesagt, ich muss die Macht akkumulieren, um Immigration
00:09:57: Probleme zu lösen.
00:09:58: Und das war oft eine Erklärung.
00:10:01: Und was wir sehen hier in Deutschland, dass viele Wählerinnen und Wähler durchaus für
00:10:06: so ein solches Narrativ offen würden.
00:10:08: Also, dass jemand kommt und sagt, ich werde die Migrationsfreiheit lösen, aber dafür
00:10:13: muss ich vor Kosten der Justiz oder des Parlaments die Macherkrankung kommulieren.
00:10:18: Was uns so tun?
00:10:19: Werfen wir zur Veranschaulichung eines solchen Prozesses einmal einen Blick in unser Nachbarland
00:10:24: Polen, wo die neue Regierung unter Ministerpräsident Donald Tusk versucht, zur Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
00:10:31: zurückzukehren.
00:10:32: Was war passiert?
00:10:33: Von 2015 bis 2023 regiert in Polen die Nationalkonservative Partei PiS.
00:10:40: Schon kurz nach Amtsantritt gelingt es den Rechtspopulisten und Nationalisten Presse
00:10:45: und Justiz unter ihre direkte Kontrolle zu bringen, ihre Unabhängigkeit auszuhöhlen.
00:10:50: Dadurch geraten Gewaltenteilungen und das Gleichgewicht der Kräfte im Staat in zwanken.
00:10:55: Also, ich glaube, ganz wichtig da ist erstmal zu sagen, dass die Parteien ja meistens nicht
00:10:59: damit antreten, dass sie sagen, wir wollen die Demokratie abschaffen, sondern sie machen
00:11:03: eigentlich in der Regel genau das Gegenteil.
00:11:05: Sie sagen, sie wollen die Demokratie stärken.
00:11:07: So wie die Demokratie aktuell ist, funktioniert sie nicht gut und sie wollen sich eben dafür
00:11:12: einsetzen, dass das Volk wieder mehr Rechte bekommt und wieder mehr Möglichkeiten hat,
00:11:17: irgendwie politisch mitzugestalten.
00:11:19: Erklärt die Politikwissenschaftlerin Dominika Tronina das Ziel der PiS, ein Polen schaffen,
00:11:25: das sich an nationalen und christlichen Werten orientiert.
00:11:29: Als Vorbild dient ihr dabei Viktor Orban.
00:11:31: Genauso wie der ungarische Ministerpräsident versucht die PiS, die öffentliche Meinung in
00:11:36: der Gesellschaft in ihrem Sinne zu manipulieren und hetzt dabei vor allem gegen zwei Gruppen,
00:11:42: Minderheiten und Geflüchtete.
00:11:44: Wenn diese Parteien eigentlich von Demokratie sprechen, meinen die eine Form von Mehrheitsherrschaft
00:11:49: eigentlich.
00:11:50: Die meinen jetzt nicht damit Minderheitenrechte, Gewaltenteilungen ist auch nicht unbedingt
00:11:55: das, was damit gemeint ist, sondern tatsächlich eigentlich.
00:11:58: Die Mehrheit des Volkes hat uns gewählt und deshalb vertreten wir jetzt die Mehrheit
00:12:04: und alles, was diese Mehrheit sagt, sollte eigentlich im Prinzip auch umgesetzt werden.
00:12:07: Das ist sozusagen das Demokratieverständnis, vielleicht wenn man das einfach ganz kurz
00:12:11: zusammenfassen möchte.
00:12:13: Punkten kann die PiS bei ihren Wählerinnen und Wählern vor allem mit ihren Themen.
00:12:17: Zum ersten Mal gelingt ihr das 2005.
00:12:19: Aber auch später bei ihren Wiederwahlen, sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin der
00:12:24: Humboldt-Universität Berlin Tronina.
00:12:27: Diese inhaltlichen Positionen lassen viele ihrer Wählerinnen über das nationalistische
00:12:32: Programm die europakritische Haltung und den permanent propagierten Kulturkampf gegen
00:12:37: sexuelle Minderheiten und Geflüchtete hinweg schauen.
00:12:40: Was auch sehr wichtig ist, warum die nicht bestracht worden sind, ist, weil sie gewisse
00:12:44: Wahlversprechen eingelöst haben.
00:12:45: Also als die PiS angetreten ist bei den Wahlen, hat sie sehr wohlfahrtstaatliche Versprechen
00:12:52: gemacht, beispielsweise das Rentenalter abzusenken und auch beispielsweise ein Kindergeld einzuführen.
00:12:59: Also das war eine ganz neue Sozialpolitik.
00:13:01: Das heißt, mit solchen sozialen Versprechungen wurden sie gewählt und die haben sie dann
00:13:05: auch eingelöst.
00:13:06: Und dann haben wir 2019 vielleicht eine Situation, wo im Prinzip ein großer Teil der Bevölkerung
00:13:12: auch sagt, nee, das geht uns zu weit.
00:13:14: Aber zu dem Zeitpunkt wurden die sozialen Versprechungen eingelöst.
00:13:19: Die anderen Parteien sind vielleicht ein bisschen schwächer und der Streit mit der Europäischen
00:13:25: Union ist eventuell noch gar nicht so sehr eskaliert wie beispielsweise vielleicht 2023 eskaliert ist.
00:13:32: Auch der Politikwissenschaftler Andreas Schädler ist der Ansicht, dass politische Inhalter eine
00:13:36: wichtige Rolle spielen, wenn es um die Frage geht, was Menschen dazu motiviert, undemokratische
00:13:42: Parteien zu wählen.
00:13:43: Also ich glaube, dass alle diese Parteien, die erfolgreich sind und wählen, obemelisieren,
00:13:47: sind.
00:13:48: Also sie sind nicht erfolgreich auf der Grundlage an antidemokratischer Wahlversprechungen.
00:13:52: Das ist nicht der Kern.
00:13:53: Der Kern ist also etwa in Polen Familienpolitik, Sozialpolitik, das Gefühl, dass die Menschen
00:14:00: sich davor in sozusagen neoliberaler Kälte allein gelassen gefühlt haben.
00:14:06: Und dann gibt es glaube ich einen zweiten Element, dass ich unter dem Schlagort Polarisierung
00:14:12: analysiere, wo glaube ich der Kern ist, dass nicht nur eine Seite die andere als antidemokratisch
00:14:20: wahrnimmt, sondern diese Wahrnehmungen wechselseitig sind.
00:14:23: Nun spielt Polarisierung auch in den sieben europäischen Ländern, die Juana Lutz und ihr
00:14:27: Team untersucht haben, eine Rolle.
00:14:29: Allerdings in einem viel geringeren Ausmaße als beispielsweise in den USA.
00:14:34: Trotzdem gibt es sehr laute Ränder.
00:14:37: Das heißt, bestimmte Gruppen, die sich stark gehört, verschaffen und versuchen, diese
00:14:43: Polarisierung zu schüren.
00:14:45: Ich glaube, da sollte man eben als Politikerinnen und Politiker nicht unbedingt mit drauf springen.
00:14:50: Unter allen sieben abgefhrachten Ländern ist Deutschland das am wenigsten polarisierte
00:14:55: Land.
00:14:56: Dabei polarisiert die Deutschen am stärksten die Frage, wie erneuerbare Energien besteuert
00:15:01: werden sollen.
00:15:02: Dahinter kommt die Frage nach den Heirats- und Adoptionsrechten für gleichgeschlechtliche
00:15:06: Paare.
00:15:07: Das identitätsbezogene Thema Einwanderung, das seit Jahren im öffentlichen Diskurs steht,
00:15:12: wirkt hingegen nicht polarisierend in Deutschland.
00:15:15: Was wir auch sehen in diesen Debatten über Polarisierung, war Polarisierung, wie es
00:15:20: manche Länder mächtig waren, man sagt, wenn die Leute Besuch auf ein Thema polarisiert
00:15:26: sind, dann werden sie ihr mehr auf Korreteres der Hälfte tolerieren.
00:15:31: Und die sehen auch, dass in Deutschland die Leute diese Trade-offs machen, also die
00:15:38: würden demokratische Standards für leblingspolitikwirkwerden, obwohl dieses Thema nicht polarisiert
00:15:43: ist.
00:15:44: Die wichtigste Erklärung dafür, warum Leute demokratisch verdächtige Kandidatininnen
00:15:48: und Parteien wählen, ist aber noch etwas anderes, meint Politikwissenschaftler Andreas
00:15:53: Schädler.
00:15:54: Also in Wirklichkeit glauben, dass ihre Leute die besseren Demokraten sind.
00:15:58: Das ist viel, viel wichtiger als Toleranz gegenüber demokratischen Regelverletzungen.
00:16:03: Ich glaube, das Musterbeispiel von demokratischer Krise, demokratischen Bedrohungen und demokratischer
00:16:09: Polarisierung sind die Vereinigten Staaten.
00:16:11: Und da sehen wir das ganz, ganz klar.
00:16:14: Beide Seiten sehen sich wechselseitig als Bedrohung für die Demokratie.
00:16:17: Die teuer zu eigenen Partei verleitet auch hierzulande viele Wählerinnen und Wähler
00:16:22: dazu, undemokratische Politiker*innen zu wählen.
00:16:25: Das hat das Kandidatenexperiment eindrucksvoll gezeigt, sagt Studienerstellerin Johanna
00:16:30: Lutz.
00:16:31: Die Parteipräferenz war noch wichtiger als jedes Thema.
00:16:36: Und das war auch in allen Ländern gleichermaßen am allerstärksten.
00:16:41: Das heißt, wenn eine undemokratische Kandidatin, also eine Kandidatin, wie der eigenen präferierten
00:16:48: Partei angehört, was undemokratisches Vorschläge, wurde das viel eher toleriert und akzeptiert,
00:16:55: als wenn die Person aus einem anderen Parteilagern kam.
00:16:58: Und das machen alle, Wählerinnen und Wähler, von jeglichen Parteien.
00:17:02: Aber auch da haben wir insgesamt in Europa den Trend gesehen, dass die Anhängerschaft
00:17:07: von rechtspopulistischen Parteien das am stärksten beeinflusst.
00:17:12: Damit die Demokratie in Deutschland widerstandsfähig bleibt, braucht es eine kritisch denkende
00:17:17: Öffentlichkeit.
00:17:18: Die Verstöße gegen demokratische Prinzipien erkennt und verhindert.
00:17:22: Auch und vor allem, wenn Regelverletzungen in den eigenen Reihen passieren, dürfen
00:17:26: sie nicht einfach so hingenommen werden.
00:17:28: Dazu haben Politikerinnen und Politiker zu viel Macht.
00:17:32: Schließlich sind sie es, die die politische Agenda setzen und auch sie sind es, die das
00:17:36: Gefühl einer Polarisierung schüren können.
00:17:39: Da tragen Politikerinnen und Politiker eine große Verantwortung und vor allem gesehen,
00:17:44: wie stark die Leute das Verhalten in Kauf nehmen.
00:17:48: Wenn nur die richtige Partei draufsteht, das ist auch noch mal ein Appell an Parteiführung,
00:17:54: mögliche undemokratische Politiker in ihren Reihen einzuhägen.
00:18:00: Das ist auch das, wo es viele Appellekart als die Republikanersichten verändert haben
00:18:05: unter Trump.
00:18:06: Da ist es eigentlich nicht gelungen.
00:18:08: Das ist ein mahndes Beispiel auch für Europa.
00:18:10: Dass man schauen muss, dass man undemokratisch agierende Politikerinnen in den eigenen Reihen,
00:18:16: wenn man sich denn als demokratische Partei sieht, einhängen muss, in die Leute wählen,
00:18:20: das Label und denken, na ja, diese einer Politikerinnen oder Politiker schon auch wieder eingefangen
00:18:26: werden.
00:18:27: Und wir sehen einfach insgesamt, dass Europa nicht immun ist für Demokratieabbau.
00:18:34: Nach einem Vorbild, wie wir sie in einigen europäischen Staaten schon gesehen haben,
00:18:39: das könnte auch in West-Opera so passieren.
00:18:42: Um die Demokratie zu schützen, ist es also wichtig, die Themen zu identifizieren, die
00:18:47: Teile der Gesellschaft stark emotionalisieren und damit eine demokratisch eher zersetzende
00:18:52: Wirkung haben.
00:18:53: Darüber hinaus müssen, um möglichen Polarisierungsprozessen entgegenzuwirken, die Bürgerinnen
00:18:58: und Bürger mehr einbezogen werden, meint Philipp Milacic.
00:19:02: Und dass man auch die Leute mehr fragt, was sie denken und mehr involviert in Entscheidungsprozessen,
00:19:09: durch neue Formen der Participation der Bürgerinnen und Bürger, wie zum Beispiel Bürgerräte.
00:19:14: Weil wir glauben, wir sehen, dass für viele Leute es nicht genug, dass sie alle vier,
00:19:19: fünf Jahren wählen gehen, sie wollen mehr gefragt werden, sie wollen mehr mitbestimmen
00:19:23: und sie erwarten mehr von Demokratie.
00:19:25: Deswegen, wir glauben, dass das eigentlich der richtige Weg wäre, der deutschen Demokratie
00:19:31: zu resilienten.
00:19:32: Allgemein gilt für Deutschland, je zufriedener die Deutschen mit der Funktionsweise der Demokratie
00:19:36: sind, desto mehr bestrafen sie undemokratisches Verhalten.
00:19:40: Und je optimistischer die Deutschen auf die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung des
00:19:45: Landes blicken, umso weniger tolerieren sie undemokratisches Verhalten.
00:19:49: Und damit sind wir auch schon wieder am Ende unserer aktuellen Folge "Zukunft gerecht"
00:19:55: dem Podcast der Friedrich-Ebert-Stiftung.
00:19:57: Ich sage vielen Dank fürs Zuhören.
00:19:59: Wir freuen uns, wenn Sie unseren Podcast abonnieren und möchten Ihnen auch unseren Podcast "Zukunft
00:20:04: gerecht" Talk empfehlen.
00:20:06: Sie finden uns auf Spotify, Apple-Podcasts und allen bekannten Podcast-Plattformen.
00:20:11: (Dynamische Musik)
00:20:13:
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