Endstation EU-Außengrenze? Perspektiven für Geflüchtete | 08 Zukunft gerecht
Shownotes
Die Bilder aus den Flüchtlingslagern in Griechenland schockieren. Kann Deutschland mehr Geflüchtete aufnehmen? Hilfsorganisationen wie die Seebrücke sagen deutlich: Ja. Eine gesamteuropäische Lösung ist nicht in Sicht – laut Lars Castellucci (SPD) aber auch nicht zwingend nötig, wenn sich genug Länder zusammenschließen. Denn Deutschland habe gemeinsam mit den zugezogenen Geflüchteten schon viel erreicht. Das bestätigt auch eine aktuelle Studie der FES, die aufzeigt, dass die Integration von Geflüchteten in den deutschen Arbeitsmarkt bisher gut gelungen ist. Die Corona-Krise könnte diesen positiven Trend allerdings gefährden oder sogar zum Stillstand bringen.
Mit: Dr. Lars Castellucci (SPD), Sascha Schießl (Seebrücke), Susan Javad (FES). Moderation: Claudia Knoppke
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00:00:00: Hallo zum Podcast "Zukunft gerecht" der Friedrich Ebert Stiftung.
00:00:07: Ich bin Claudia Knopke und ich nehme Sie mit auf eine spannende Reise durch die Welt
00:00:11: der Fragen, Antworten und Vorschläge zu vielen Themenbereichen unserer Zukunft.
00:00:16: Die Hölle brennt.
00:00:18: Diese Schlagzeile hat Anfang September unsere Aufmerksamkeit von der Corona-Krise wieder
00:00:23: auf eine schon sehr viel länger bekannte Krise gelenkt.
00:00:26: Die überfüllten Flüchtlingslager an den EU-Grenzen.
00:00:30: Die Hölle ist das Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos.
00:00:35: Und als dort die Flammen in den nächtlichen Himmelschlugen hat das auch wieder ein Schlaglicht
00:00:40: auf die Situation der Geflüchteten und die Debatte um ihre Aufnahme und Verteilung in
00:00:45: der Europäischen Union geworfen.
00:00:47: Die deutsche Bundesregierung erklärt sich breit, gut 1500 Geflüchtete zusätzlich aufzunehmen.
00:00:54: Das lässt Deutschland trotzdem nicht in einem besseren Licht dastehen, meint Sascha Schiesel
00:01:00: von der Seebrücke und dem Flüchtlingsrat in Niedersachsen.
00:01:04: Das ist Symbolpolitik.
00:01:05: Man suggeriert, humanisiert das Handeln und taskhaft.
00:01:08: Praktisch kann man ja sagen, die meisten Menschen werden zurückerlassen.
00:01:12: Für die meisten Menschen gibt es keine Lösung.
00:01:14: So lange der es noch ist, ist nichts erreicht.
00:01:17: Für die zigtausend Geflüchteten in den Kämms auf den griechischen Inseln sicher noch lange
00:01:21: nicht genug.
00:01:22: Für die Menschen, die es nach Deutschland geschafft haben, sieht es dagegen häufig besser aus,
00:01:27: als wir vielleicht vermuten würden.
00:01:28: Die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung "Mehr als nur ein Job" hat untersucht, wie Geflüchtete
00:01:34: in Deutschland auf dem Arbeitsmarkt angekommen sind und vor allem welche Qualität die Jobs
00:01:39: haben.
00:01:40: Für Susan Javat von der Friedrich-Ebert-Stiftung ist ein Ergebnis auf jeden Fall.
00:01:46: Also wir haben unglaublich viel geschafft hier.
00:01:49: Darauf kann man auch wirklich stolz sein.
00:01:50: Die Integration hat also besser geklappt, als manche Pessimisten und Kritiker uns glauben
00:01:55: machen wollen.
00:01:56: Lars Castellucci, der integrationspolitische Sprecher der SPD, geht sogar noch ein Stückchen
00:02:01: weiter.
00:02:02: Tatsächlich ist die Frage der Integration von Geflüchteten ein halbes Wunder.
00:02:07: Ich hätte nie damit gerechnet, dass uns das in so kurzer Zeit bei der Ausgangslage
00:02:12: und in dem Chaos gelingt.
00:02:13: "Wir sind weit entfernt von gut", sagt Sascha Schiesel.
00:02:17: "Wir haben schon sehr viel geschafft, meinen Susan Javat und Lars Castellucci.
00:02:23: Vielleicht ist es ja beides.
00:02:24: Und dem gehen wir in unserer aktuellen Folge des Podcast "Zukunft gerecht" genauer
00:02:30: nach."
00:02:31: Sascha Schiesel setzt sich bei der Seebrücke und im Flüchtlingsrat Niedersachsen für die
00:02:35: Menschen ein, die ihre Heimatländer aus Not verlassen haben und in der EU auf Zufluchthaufen.
00:02:41: Seine Reaktion auf die Reaktion der Bundesregierung auf den Brand in Moria fällt nüchtern aus.
00:02:47: Es ist viel zu wenig und es wird zu langsam.
00:02:49: Das ist die Bewertung.
00:02:51: Natürlich ist es gut für die Menschen, die aufgenommen werden von den griechischen
00:02:54: Inwälten.
00:02:55: Es ist natürlich gut, dass nach und nach Menschen diese Inwälte verlassen können und in Deutschland
00:03:00: aufgenommen werden.
00:03:01: Aber 10.000 zurückzulassen in Elendbedingungen und in Außengrenzen ist nicht tragbar.
00:03:06: Da sind diese 1.500 Menschen, die auch bis Ende Januar kommen sollen.
00:03:10: Das heißt, die sollen den ganzen Winter noch dort bleiben unter diesen Elendbedingungen.
00:03:14: Ist das nicht zu wert."
00:03:15: Sascha Schiesel ist der Meinung, dass diese Elendessituation in den Camps absicht ist.
00:03:21: "Wir haben auf den griechischen Inseln Lager seit 5 und mehr Jahren, Moria ist ja noch
00:03:25: eins davon, die massiv überbelegt sind.
00:03:27: In der Jahren nicht dafür ausgerichtet Schurzsuchende, die viel durchgemacht haben, die Ausstiegsgebieten
00:03:32: kommen, die auf der Flucht viel erlebt haben, zu versorgen, zu betreuen und Asylverfahren
00:03:37: überhaupt durchzuführen.
00:03:38: Und das scheint sich nichts von zu ändern.
00:03:40: Und das ist, glaube ich, jetzt das Entscheidende, die Europäische Union selbst auf Abschottung
00:03:44: und Abschreckung.
00:03:45: Diese Bilder sind Absicht."
00:03:47: Sascha Schiesel ist überzeugt, dass die Bilder den Menschen, die über Flucht nachdenken
00:03:51: oder schon auf dem Weg sind, eine eindeutige Botschaft schicken sollen.
00:03:55: Kommt nicht in die EU, ihr werdet in diesen Lagern enden.
00:03:59: Denn davon ist überzeugt, an mangelnden Möglichkeiten die Situation zu verbessern, liege es nicht.
00:04:05: "Die Europäische Union als eine sehr heiße Weltregion ist ja in der Lage, in ein weniger
00:04:11: Tage Bedingungen zu schaffen, die tausende Menschen unterbringen, wenn sich ein Erdbeben
00:04:15: vorstellen oder andere Naturkatastrophe, dann schafft es die Europäische Union mit all
00:04:18: ihren Ermitteln in kürzester Zeit gute Übergangsbedingungen herzustellen.
00:04:23: Aber das ist sie nicht gewollt."
00:04:24: Wollen tun dagegen viele Städte und Gemeinden in Deutschland und anderen EU-Ländern haben
00:04:29: sie signalisiert, Geflüchtete aufnehmen zu wollen.
00:04:32: Auch da sieht Sascha Schiesel die EU-Mitgliedsländer und die Bundesregierung als die Bremser, weil
00:04:38: die Bereitschaft der Kommunen das Prinzip der Abschreckung und Abschottung unterlaufen
00:04:43: würde.
00:04:44: "Wie möglich ist der Druck der Kommunen oder der Zivilgesellschaft oder auch als
00:04:47: der Bundesländer enorm wichtig, weil er zeigt, dass es anders geht, dass wir die Möglichkeit
00:04:51: haben, dass es Aufnahmbereitschaften gibt, Solidarität ist groß, auch nach Umfragen sieht
00:04:55: man, dass eine Mehrheit der Menschen, eine große Mehrheit der Menschen sagt, dass wir
00:04:58: die Menschen aufnehmen müssen aus den Lagen auf den griechen Inseln und eine andere Politik
00:05:03: ist möglich, man muss sie nur wollen."
00:05:04: Wir mussten und wir müssen wollen, sagt Lars Castellucci von der SPD.
00:05:08: "Der Integrationspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion ist überzeugt, dass wir in Deutschland
00:05:14: auch noch mehr schaffen.
00:05:16: Denn das zeigt die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung.
00:05:19: Wir haben gemeinsam mit den Geflüchteten schon viel geschafft.
00:05:23: Für Lars Castellucci ist auch klar, die Zeit der Abschreckung ist vorbei, denn die Menschen
00:05:28: auf der Flucht hält das nicht auf."
00:05:30: "Und jetzt ist halt die Frage, Alleingänge, europäische Lösung, große europäische Lösung,
00:05:36: also eine europäische Lösung, die bedeutet, alle machen mit und alle machen das gleich
00:05:40: und alle sind dabei, die ist nicht erreichbar und die ist auch nicht nötig."
00:05:45: Lars Castellucci will lieber mit wenigen viel schaffen.
00:05:48: "Es sind jetzt 13 Länder, die bereit sind, Geflüchtete aus Griechenland aufzunehmen.
00:05:54: Es gibt fünf Länder, die bereit sind, Menschen aus Seenot aufzunehmen, wenn sie einen in
00:05:59: der Häfen ansteuern im Mittelmeer.
00:06:02: Das ist mir zu wenig, aber es ist nicht, und das sind für mich schon europäische Lösungen."
00:06:07: Jetzt in Deutschland den mahnden Zeigefinger zu erheben, hält Lars Castellucci für keine
00:06:12: gute Idee.
00:06:13: Er möchte lieber, dass Deutschland ein Vorbild für Möglichkeiten und gute Lösungen sein
00:06:19: könnte.
00:06:20: Eben auch im Hinblick darauf, wie und dass Integration funktionieren kann.
00:06:25: "Ja, darüber müssen wir reden und gleichzeitig den Menschen aber auch signalisieren, dass
00:06:29: wir jetzt nicht immer nur rote Brille auf haben und nur das dann sehen und sozusagen
00:06:33: mit den guten Beispielen nur zudecken wollen, die Sachen, die weiter problematisch sind.
00:06:38: Nein, natürlich, beides muss in den Blick genommen werden, wir müssen die Probleme sehen,
00:06:42: Ansprechen lösen, aber wir müssen uns auch stärken an den Dingen, die gut funktionieren.
00:06:47: Und da, die sind auch wirklich nicht wenige.
00:06:50: Wenn man die Zahlen anschaut, wie jetzt bei dieser Studie sieht man, wir haben schon viel
00:06:53: erreicht, wir sind noch nicht fertig.
00:06:55: Natürlich nicht, man ist mit Integration nie fertig.
00:06:57: Sondern es ist eine Daueraufgabe.
00:06:59: Aber wenn man ein bisschen guten Willen hat, dann kommt man dabei voran und die guten Nachrichten
00:07:04: stärken genau diese Haltung.
00:07:06: Davon brauchen wir mehr."
00:07:07: Die Zahlen zu den guten Nachrichten hat die Studie mehr als nur ein Job, die qualitative
00:07:13: Dimension der Integration in Arbeit von Geflüchteten in Deutschland.
00:07:17: Zwischen Ende 2014 und 2018 hat Deutschland gut 1,8 Millionen Geflüchtete aufgenommen.
00:07:24: Die meisten kamen aus Kriegs- und Konfliktregionen.
00:07:28: Rund 1,2 Millionen Menschen sind in Deutschland geblieben.
00:07:32: Und viele von ihnen haben mittlerweile einen Job oder sind in Bildung oder Ausbildung.
00:07:37: Susan Javad von der Friedrich-Ebert-Stiftung findet, das kann sich sehen lassen.
00:07:43: "Die Studie kann da wirklich positive Impulse setzen, in der Hinsicht, dass wir es tatsächlich
00:07:48: geschafft haben hier in Deutschland ungefähr 1,2 Millionen Menschen weitestgehend erfolgreich
00:07:54: zu integrieren.
00:07:55: Nicht alle sind bisher im Arbeitsmarkt angekommen.
00:07:58: Nur viele sind, muss man ja auch dazu sagen, auch noch zum Beispiel in Bildungsmaßnahmen.
00:08:02: Das darf man ja auch nicht vergessen.
00:08:04: Zum Teil, weil sie auch sehr jung waren, als sie hergekommen sind und noch zur Schule gehen
00:08:07: oder in Ausbildung stecken.
00:08:09: Auch in Sprachkursen.
00:08:10: Und jetzt über sozusagen diejenigen hinaus, die im Arbeitsmarkt angekommen sind, sind
00:08:16: doch ganz viele schon in dieser Gesellschaft."
00:08:17: Jetzt ist es eine Sache, einen Job zu haben.
00:08:20: Ob diese Arbeit ausreicht, um sich und eine Familie
00:08:24: auch ausreichend versorgen zu können, das ist eine andere.
00:08:28: Die zentralen und freulichen Erkenntnisse sind,
00:08:31: dass die Geflüchteten in relativ gute, was die Qualität angeht,
00:08:35: Jobs gekommen sind im Durchschnitt.
00:08:38: Und dass die durchschnittliche Arbeitsqualität
00:08:41: dem Durchschnitt der Bevölkerung entspricht.
00:08:44: Das ist eine gute positive Aussage.
00:08:46: Was gute Arbeit in Deutschland ausmacht,
00:08:48: hat der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB
00:08:51: anhand verschiedener Kriterien ermittelt.
00:08:54: Der gute Arbeitindex setzt sich zusammen unter anderem aus.
00:08:58: Einkommen, Arbeitsplatsituation, Betriebsklima,
00:09:01: Entwicklungsmöglichkeiten und Belastung.
00:09:04: Die Autorin der Studie, Julia Kosjakova,
00:09:07: hat sich an ähnlichen Indizes orientiert.
00:09:10: Die durchschnittliche Arbeitsqualität ist mittelmäßig in Deutschland
00:09:14: und Geflüchtete weichen davon nicht wirklich wesentlich ab.
00:09:18: Dabei sind die Geflüchteten hauptsächlich in drei Bereichen beschäftigt.
00:09:22: Das sind erstens Rohstoffgewinnung, Produktion und Fertigung,
00:09:26: zweitens kaufmännische Dienstleistungen
00:09:29: und drittens Verkehr, Logistik, Sicherheit und Schutzsektor.
00:09:32: Ein großes Problem für viele Geflüchtete ist,
00:09:35: dass ihre beruflichen Qualifikationen oder Bildungsabschlüsse
00:09:39: in Deutschland formal nicht anerkannt werden.
00:09:42: Positiv überraschend war auf alle Fälle,
00:09:45: dass es sehr vielen Geflüchteten gelungen ist,
00:09:47: direkt auf Facharbeiterinnen- oder Expertinniveau einzusteigen.
00:09:51: Ein weiterer erfreulicherer Studie war,
00:09:54: dass um die 15 % aller Geflüchteten es schaffen,
00:09:58: in Jobs einzusteigen, für die sie formal unterqualifiziert sind.
00:10:02: Das zeigt, dass da wahrscheinlich von Seiten der Arbeitgeber
00:10:06: eine gewisse Offenheit mittlerweile da ist.
00:10:08: Leute, auch wenn sie nicht die richtigen Zeugnisse und Belegejahrerkennnisse
00:10:14: mitbringen, eine Chance zu geben
00:10:16: und anhand der Arbeitserfahrung Leistungen zu bewerten.
00:10:21: Ein Job ist nicht alles, aber doch sehr viel, sagt Susan Jawad.
00:10:25: Weil es eben doch die allermeisten Leben ganz wesentlichen strukturiert,
00:10:29: Arbeit zum einen natürlich ein soziales Umfeld ermöglicht und gibt,
00:10:32: aber im Normalfall eben auch ein Gehalt, von dem man leben kann,
00:10:36: damit auch Perspektiven eröffnet,
00:10:38: nicht nur für die Personen, die das Gehalt persönlich beziehen,
00:10:41: sondern auch für deren Familien, für die Kinder.
00:10:44: Das sind ganz wesentliche Dinge.
00:10:46: Deswegen darf man die Arbeitsmarktintegration
00:10:48: auf gar keinen Fall unterschätzen.
00:10:50: Sie ist ganz zentral und wichtig.
00:10:52: Nichtsdestotrotz ist sie nicht alles.
00:10:54: Das wird immer Menschen geben, die hierher kommen,
00:10:57: die vielleicht auch zu alt sind,
00:10:59: um sich beruflich anders zu orientieren oder in Deutschland einzusteigen.
00:11:02: Man darf auch nicht alles nur von der Arbeitsmarktintegration
00:11:06: abhängig machen.
00:11:08: Man muss sie aber natürlich ermöglichen und fördern,
00:11:10: weil sie definitiv Lebenschancen eröffnet.
00:11:13: Aus den positiven Ergebnissen der Studie
00:11:16: zieht Susan Jawad auch noch eine andere Schlussfolgerung.
00:11:19: Die Studie bezieht sich zwar auf die Jahre Ende 2014 bis 2018,
00:11:24: also eine Zeit deutlich vor der Corona-Krise,
00:11:27: doch für Susan Jawad kann sie trotzdem zukunftsweisend sein.
00:11:32: Und wenn man 1,2 Millionen geschafft hat,
00:11:34: dann kann man sich natürlich schon irgendwie die Frage stellen,
00:11:38: ob man einen Knie bekommen muss bei den deutlich kleineren Größen,
00:11:41: die jetzt diskutiert werden,
00:11:43: der Menschen, die eventuell in den nächsten Jahren,
00:11:46: insbesondere aus den griechischen Lagern,
00:11:48: aber nicht nur vielleicht von dort nach Deutschland kommen.
00:11:51: Eine aktuelle Entwicklung zeichnet sich allerdings schon ab.
00:11:55: Corona hat die Beschäftigungssituation der Geflüchteten
00:11:58: noch einmal deutlich stärker verändert
00:12:00: als im Durchschnitt der Bevölkerung.
00:12:02: Denn die Geflüchteten gehören in vielen Bereichen zu der Gruppe,
00:12:06: die jetzt gekommen ist, geht in der Krise zuerst.
00:12:09: Prognosen sind noch schwierig.
00:12:11: Für Susan Jawad muss diese Zeit aber
00:12:13: bei allen coronabedingten Einschränkungen nicht verloren sein.
00:12:17: Und jetzt muss man gucken, dass man sie nicht vergisst
00:12:20: und dass man die Zeit vielleicht auch nutzt,
00:12:22: um eben auch Fortbildung und insbesondere auch Sprachförderung
00:12:26: zu intensivieren.
00:12:27: Und das sind natürlich auch Bereiche,
00:12:29: die jetzt auch wegen Corona erst mal meistens brachlagen,
00:12:32: weil da Leute normalerweise zusammenkommen müssen.
00:12:35: Aber da muss man irgendwie doch Wege finden,
00:12:37: das weiter zu ermöglichen, weil insbesondere die Sprache
00:12:40: ganz zentral ist, um dann wieder in den Arbeitsmarkt einzusteigen.
00:12:43: Was die Bereitschaft zur Aufnahme von Geflüchteten angeht,
00:12:46: will Lars Castellucci mehr auf demokratische
00:12:49: und freiwillige Prozesse setzen.
00:12:52: Wer will, sollte auch dürfen.
00:12:53: Und die Kommunen, die sich bereit erklären,
00:12:56: sollten auch etwas davon haben mit Extramitteln.
00:12:59: Die sie einsetzen können für Dinge,
00:13:01: die dann für die gesamte Bevölkerung sinnvoll sind.
00:13:03: Also mehr Aufnahme bedeutet ja ein Zweifel,
00:13:06: auch vielleicht, dass da Wohnbedarf ist.
00:13:09: Bedeutet, dass da Plätze in Kindergärten da sein müssen.
00:13:12: Bedeutet, dass es Dolmetscher braucht.
00:13:14: Bedeutet, dass die Verwaltungen auch in der Lage sein müssen,
00:13:17: mit mehr Menschen, die kommen und Hilfebedarf bei Antragstellungen
00:13:22: und so weiter zu haben, damit umgehen zu können.
00:13:24: Und hier stellen wir uns so vor, dass es eben finanzielle Mittel gibt,
00:13:28: idealerweise aus einem europäischen Fonds,
00:13:31: der diejenigen Städte unterstützt und gemeinten,
00:13:34: die in der Aufnahme tätig sind.
00:13:36: Und zwar so, dass die dann Mittel für die Infrastruktur
00:13:39: für alle Menschen erhalten und diese dann auch vor Ort selber entscheiden können,
00:13:43: wie sie für welche Projekte sie verwirklicht werden können.
00:13:47: Um beispielsweise die Wanderbewegungen der Geflüchteten
00:13:50: von einem EU-Land ins andere
00:13:52: von schwächeren zu stärkeren Regionen zu verringern,
00:13:55: schlägt Lars Castellucci ein Matching-System vor.
00:13:58: Also zu gucken, wer passt am besten zu wem.
00:14:01: Da überlegen wir auch, wie wir das hinbekommen,
00:14:04: noch mal so, dass die Menschen, die dann kommen,
00:14:07: auch eine Chance haben, willkommen zu sein,
00:14:09: als die Deutschen ausgewandert sind im 19. Jahrhundert,
00:14:12: sind sie beispielsweise auch gerne dorthin gegangen,
00:14:14: wo schon andere aus Deutschland waren,
00:14:16: weil in der Fremde vieles anstrengend ist.
00:14:19: Wenn man dann schon paar Menschen hat, die einem näher sind,
00:14:22: dann ist manches leichter, man kann sich stützen, es gibt Solidarität.
00:14:25: Und so ist es heute natürlich einfach auch.
00:14:28: Es ist auch eine Frage, was Wünschen sich fürchtlinge.
00:14:31: Allerdings eben nichts, was man dann ein zu ein nur so umsetzen kann,
00:14:34: was jemand sich wünscht, sondern wo man dann auf der anderen Seite
00:14:37: auch schauen muss, wo ist die Aufnahmebereitschaft da.
00:14:39: Wenn man beides zusammennimmt,
00:14:41: dann kann das einen guten Ausgang für alle nehmen.
00:14:43: Sollten wir also die Frage der Migrationspolitik in der EU
00:14:47: doch wieder mehr aus nationaler Sicht betrachten,
00:14:49: sollten wir lieber selbst die Dinge in die Hand nehmen,
00:14:52: statt darauf zu warten, dass alle EU-Staaten an einem Strang ziehen?
00:14:56: Die Ergebnisse der Studie mehr als nur ein Job zeigen,
00:14:59: dass ein großer Teil der bei uns lebenden Geflüchteten angekommen ist.
00:15:03: Im Arbeitsmarkt und damit auch perspektivisch.
00:15:07: Die schlimmen Bilder aus den Flüchtlingscamps
00:15:09: auf den griechischen Inseln sind gewollt.
00:15:11: Als Abschreckung und Abschottung
00:15:14: ist die Meinung der Aktivistinnen und Aktivisten des Vereins Sebrücke.
00:15:18: Abschreckung ist nicht die Lösung.
00:15:20: Unsere Expertinnen und Experten sind sicher,
00:15:23: dass wir bislang viel geschafft und vor allem viel gelernt haben.
00:15:27: Deshalb sollten wir keine zittrigen Knie bekommen bei der Vorstellung,
00:15:31: dass noch mehr Menschen in Deutschland Zuflucht suchen,
00:15:33: sagt Susan Jawad.
00:15:35: Wenn wir auf wenige Wille gesetzen,
00:15:37: können wir mehr erreichen, als dabei auf alle anderen zu warten,
00:15:41: sagt Lars Castellucci.
00:15:43: Die Studie kommt aber auch zu dem Schluss,
00:15:45: dass die Covid-19-Krise
00:15:47: die bisherigen positiven Entwicklungen
00:15:49: der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten
00:15:52: nicht nur deutlich verlangsamen,
00:15:54: sondern sie sogar umkehren könnte.
00:15:57: Es gilt also für alle, weiter offen und am Ball zu bleiben.
00:16:01: Oder wie Lars Castellucci sagt.
00:16:03: Man ist mit Integration nie fertig, sondern ist eine Daueraufgabe.
00:16:07: Aber wenn man ein bisschen guten Willen hat,
00:16:09: dann kommt man dabei voran.
00:16:11: Und die guten Nachrichten stärken genau diese Haltung.
00:16:14: Davon brauchen wir mehr.
00:16:15: Wir freuen uns, wenn Sie den Podcast der Friedrich Ebert Stiftung abonnieren.
00:16:19: Sie finden uns auf Spotify, Apple-Podcast
00:16:22: und allen anderen bekannten Podcast-Plattformen.
00:16:25: Ich sage danke fürs Zuhören bei "Zukunft gerecht",
00:16:28: dem Podcast der Friedrich Ebert Stiftung.
00:16:31: Bis zur nächsten Folge.
00:16:32: [Musik]
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